27. November 2013

Jussi Adler-Olsen - Das Alphabethaus


Handlung

Im Winter 1944 werden die britischen Piloten James und Bryan von den deutschen Abgeschossen, doch sie überleben. Um nicht entdeckt zu werden eigenen sie sich auf einem Lazarettzug die Identitäten von zwei Kranken SS-Mitgliedern an. Was sie nicht wissen ist, dass das Ziel dieser Männer ein Lazarett ist in dem Psychopharmaka getestet werden, wohl nicht nur um sie wieder zu kurieren. Fast ein Jahr nach dem sie in dieses Krankenhaus gebracht wurden gelingt Bryan die Flucht. Doch auch fast 30 Jahre später plagt ihn noch immer das schlechte Gewissen und die Ungewissheit, was aus einem Freund James geworden ist.

Mein Fazit

Die Aussage, dass dieses Buch anders ist, als das was ich bisher so gelesen habe, trifft den Nagel irgendwie ziemlich genau auf den Kopf. Dieses Buch ist echt was anderes. Nicht nur vom Genre her, sondern auch im Vergleich zu den Büchern, für die Jussi Adler-Olsen sonst so bekannt ist. Und ich bin mir absolut nicht sicher, was ich von diesem Buch halten oder denken soll. 

Der erste Teil des Buchs spielt zwischen Winter 1944 und Winter 1945 und zeigt das Leben der beiden britischen Simulanten im Krankenhaus in der Nähe von Freiburg. Obwohl hier kaum medizinische Fachbegriffe fallen und man eigentlich nie wirklich erfährt an welchen psychischen Störungen die Patienten nun leiden sollen oder welche Behandlungen man ihnen angedeihen lässt. So bleibt doch ein gewisses Gefühl des Grauens. Es entsteht eine unterschwellige Bedrohung, die nicht durch die Alliierten entsteht, sondern durch das was mit den Patienten passiert und auf Grund der Dynamik zwischen den Patienten. 
Sicherlich kann man argumentieren dass es kaum spannend sein kann, wenn man nur ein paar Männer beobachtet die ohne hin lethargisch in einem Zimmer hocken. Da kann ich auch niemandem einen Vorwurf machen, wenn das gesagt wird! Es kommt tatsächlich keine richtige „Action“ auf. Der eigentliche Reiz in diesem Abschnitt lag für mich besonders in dem was ich gerade das „Gefühl des Grauens“ genannt habe. Dieses Gefühl entsteht für mich wohl besonders daraus, dass es so ein Krankenhaus tatsächlich gegeben haben könnte, in dem Männer ohne ihr Wissen für derartige Experimente herhalten müssen, in dem Kranke nicht unbedingt gesund werden müssen, obwohl es natürlich noch besonders gut ist, wenn das passiert. Der Zustand der Männer, die Art wie man mit ihnen Umgeht, derartiges eben.

Der zweite Teil der Geschichte spielt rund 30 Jahre später, nämlich 1972. Die Thematik hier ist eine gänzlich andere. Ging es im ersten Teil - um es ein wenig lapidar zu sagen - um das Grauen des Krieges, so geht es in diesem Teil mehr um die Schuld eines „Überlebenden“. Einer der beiden Piloten kehrt nach all diesen Jahren zurück an den Ort an dem das Krankenhaus stammt und versucht heraus zu finden was aus seinem Freund geworden ist. Ob dieser überlebt hat oder gestorben ist, dabei ist er sich nicht mal sicher, ob er es wirklich wissen will. Gleichzeitig geht es aber eben auch um die Angst vor dem Entdeckt bei den Antagonisten werden. Durch diese Konstellation wird aus diesem Teil weniger ein Kriegsbuch, sondern weit mehr ein Thriller. 
Die Männer stehen alle im Schatten ihrer Vergangenheit und versuchen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln die Wahrheit zu entdecken bzw. weiter geheim zu halten. Dass sie dabei alle mittlerweile 50 sind tut da auch keinen Abbruch, man findet durch eine Schießerei und diverse Schläge die Ausgeteilt werden. 
Und obwohl dieser Teil auf seine Art auch sehr spannend war, so war er mir doch zu abgehoben und unwahrscheinlich. Ich mein kann zwar immer noch verstehen, dass der Protagonist von der Vergangenheit angetrieben sich auf die Suche nach seinem Freund macht, um zu erfahren, was aus ihm geworden ist. Dass er dabei durch die Stadt streift und den Ort auf sucht an dem das Krankenhaus einst gestanden hat, dass alles will auch gerne noch in meinen Kopf. Aber als dann klar wird, dass die drei Antagonisten scheinbar in Freiburg leben und reichlich angesehene Mitbürger sind, da habe ich dann doch schon angefangen die Stirn zu runzeln. Ich meine warum sollten diese drei Nazis noch in Deutschland bleiben und dann auch noch in Freiburg? Da helfen mir auch nicht die Erklärungen des Autors. Das ist reichlich schwach auf der Brust. Und dementsprechend schwach gibt sich dann auch die zufällige Begegnung der Männer, die sich nur aus dem Alphabethaus gekannt haben wollen und sich dann 30ig Jahre nicht gesehen haben wollen? Definitiv viel zu künstlich... Oh und wo ich gerade dabei bin, warum die Antagonisten sich auch nicht an die Polizei wenden, wo sie doch so angesehene Mitbürger sind und der andere nur ein Fremder, will mir gerade auch nicht in den Kopf.
Und die Tatsache, dass die Herren, die sich nun so um die 50ig befinden noch die Motivation für Schießereien, Schlägereien und der artiges auf bringen lassen wir doch einfach mal unter den Tisch fallen, genauso wie die Frage wie diese Männer eigentlich zu ihrem Reichtum gekommen sind. Das steht in meinen Augen auch irgendwie auf ein wenig wackeligen Beinen. 
Aber sieht man von diesen kleinen Problemchen ab, dann kann man doch sagen, dass die Geschichte sehr spannend sein muss. Besonders natürlich die Frage, ob der Protagonist herausfindet was mit seinem Freund passiert ist und wie dann noch die eine oder andere Figur da mit rein spielt.

Und der Schluss? Der hat mich eigentlich am meisten Enttäuscht, war mir wohl irgendwie zu... absurd? Besonders wenn man sich überlegte was davor passiert war und überhaupt und sowieso...

Das Alphabet aus nur einen Thriller zu nennen wäre genauso falsch in meinen Augen wie es ein Kriegsbuch zu nennen. Es ist Beides. Zumindest würde ich das behaupten, aber ich bin eigentlich weder für das eine noch für das andere eine Fachfrau. Für meinen Teil hätte ich mir mehr „Kriegsbuch“ gewünscht, mag daran liegen, dass ich Filmen zu diesem Thema durchaus etwas abgewinnen kann und es sicherlich mal nett ist etwas anderes als das Tagebuch der Anne Frank zu dieser Zeit zu lesen (falls ich mit dieser Bemerkung jemandem auf die Füße getreten bin tut mir das nicht wirklich leid, ich bin schließlich auch jemand der sagt, dass ihr nach dem Abitur das Thema Zweiter Weltkrieg zu den Ohren raus kam, weil man praktisch jedes Schuljahr davon ausgehen konnte dass der Zweite Weltkrieg eine Rolle im Geschichtsunterricht oder einem anderen Fach spielen würde). Aber leider war der Kriegsteil gefühlt nur 1/3 des Buches und der Rest war mehr Thriller. 

Es ist definitiv ein gutes und auch spannendes Buch, nur mich konnte es leider nicht wirklich überzeugen, auf Grund der Dinge die ich versucht habe darzulegen. Daher gibt es von mir nur:

6 von 10 Punkten.
Annehmbar!

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